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  03.08. - 04.08.2024 - [CZ] Übers Wochenende nach Südmähren - Teil 1  



Seit nunmehr 11 Jahren unternehme ich Eisenbahnausflüge nach Tschechien. Nach einem Tagesausflug im Herbst 2013 war ich auf den Geschmack der Eisenbahn jenseits des Erzgebirgskamm gekommen. Den Anfang zu einer mittlerweile jährlichen Mehrtagesfahrt mit meinem Vater machte 2014 die Fahrt mit dem Excelsior im Görlitzer Schlafwagen. In den letzten Jahren sind wir, immer auf der Suche nach einem Übersetzfenster im Altbauwagen, in fast jeden Winkel des Landes mit dem Zug gereist und haben dabei bald 20.000 Kilometer im tschechischen Streckennetz zurückgelegt. Es gibt nur wenige Gegenden, wo wir noch nicht waren. Eine dieser Gegenden war Südmähren um Brno. Bei einem Wochenendausflug wollten mein Vater und ich in diesem Jahr daher diese Region etwas unter die Räder nehmen.

03.08.2024

Die Anreise erfolgte von Chemnitz wie so oft über Dresden nach Praha. Da wir erst am Mittwoch kurzfristig entschieden, bereits am Samstag zu reisen, waren uns
die Fernzüge ab Dresden nach Praha zu teuer und wir wählten einen alternativen Anreiseweg. Diese Anreise hatten wir zum Teil im Juni schon einmal geprobt.

Wir starteten 06:26 Uhr mit dem IC 2272 nach Warnemünde in Chemnitz Hbf. Seit dem Fahrplanwechsel im Dezember 2023 wird diese Leistung an Samstagen
aus zwei Kiss 2-Triebwagen gebildet. So gab es zwischen Chemnitz und Dresden ausreichend Platz für die Reisenden. Das Wetter zeigte sich noch grau in grau.


Tz 4110 und Tz 4113 als IC 2272 nach Warnemünde am frühen Morgen im Chemnitzer Hauptbahnhof.

Den Dresdener Hauptbahnhof erreichten wir pünktlich 07:25 Uhr. Nach einem kurzen Aufenthalt wollten wir unsere Fahrt 07:47 Uhr mit dem RE 20 nach Litoměřice fortsetzen. Im Gegensatz zu unserem Ausflug im Juni wurde der Zug erst kurz vor der Abfahrt bereitgestellt und bestand nur aus einem DB 642. Eine sehr hohe Anzahl an Reisenden drückte sich nach der Türfreigabe in das Innere des Triebwagens. Wir fanden zwei Sitzplätze zum Elbtal und pünktlich erfolgte die Abfahrt.

Im Elbtal hingen an diesem Morgen die Wolken tief ins Tal. Wir sammelten zwischen Pirna und Bad Schandau durch rote Signale 6 Verspätungsminuten.
Bis zur Grenze nutzen wir das Deutschlandticket, darüber ein MPS Sebnitz Ticket für 0,80 € für einen Erwachsenen und 0,40 € für einen Senior. Für Tschechien
hatte ich bei der ČD ein Skupinová víkendová jízdenka (Wochenend-Gruppenticket) für das Gesamtnetz für 899 Kč (35,93 €) gekauft. Dies war für die geplante Route die günstigste Variante und machte uns zudem unabhängiger, welchen Zug wir benutzen wollen. Den nächsten Zug mussten wir auch direkt umplanen.


Die Wolken hingen tief und das Elbtal zeigte sich schon herbstlich grau.

Ursprünglich wollten wir in Děčín hl.n. in den R 681 „Labe“ nach Praha umsteigen und über Praha weiter mit dem R 981 „Vysočina“, jeweils im alten Bautzener Abteilwagen, nach Havlíčkův Brod reisen. Mit zwei knappen Umstiegen war der R 635 „Rožmberk“ in Jihlava unser Ziel. Bei meinen Beobachtungen die Tage zuvor konnte ich aber sehen, dass auf Grund von hohen Verspätungen der Anschluss in Jihlava sehr oft nicht klappte. Ich suchte nach einer sicheren Verbindung und die Wahl fiel auf den Umstieg in den R 635 „Rožmberk“ bereits in Veselí nad Lužnicí. Dazu mussten wir eher in Praha sein und wollten daher in den uns folgenden rj 257 „Vindobona“ (Berlin - Graz) in Děčín umsteigen. Leider hatte der Railjet mittlerweile 45 Minuten Verspätung und war dadurch keine Option mehr. Um doch noch den geänderten Plan umsetzen zu können, blieb noch der R 607 „Krušnohor“ ab Ústí nad Labem. Um diesen zu erreichen, mussten wir aber etwas Verspätung abbauen.

Dies gelang dem Triebfahrzeugführer auch. Wir kamen vor eine Brückenbaustelle in Ústí nad Labem sever noch einmal zum Stehen und erreichten 09:11 Uhr,
mit 3 Minuten Verspätung, Ústí nad Labem hl.n.. Nun hieß es fix die Beine in die Hand und durch die Unterführung zum anderen Bahnsteig. Hier war der R 607 „Krušnohor“ aus Cheb nach Praha hl.n. bereits abfahrbereit, wir konnten aber noch zusteigen. Pünktlich 09:13 Uhr setzte sich der Zug in Bewegung. Im Wagen
367, einem Bdmpz896 (CZ-ČD 73 54 21-91 082-0), fanden wir zwei Fensterplätze und konnten erst einmal durchatmen. Die Fahrt im InterJet war angenehm ruhig.

Da alles sehr schnell ging, waren keine Fotos entstanden und ich fragte mich, welche Maschine uns überhaupt nach Praha zieht. Da wir direkt im Wagen hinter der
Lok saßen wurde schnell einmal nachgeschaut: ČD 371 002 war es. Dies freute mich, denn in den letzten 11 Jahren war sie die einzige 371, welche mich noch nie gezogen hatte. So konnte ich kurz vor dem nahenden Ende dieser Baureihe noch diese Lücke schließen. Wir erreichten 10:19 Uhr, 5 Minuten vor Plan, Praha hl.n..


ČD 371 002 hatte den R 607 „Krušnohor“ von Ústí nad Labem hl.n. nach Praha hl.n. gezogen.

Bereits auf dem Weg nach Praha konnte ich im Můj Vlak eine erfreuliche Entdeckung machen. Seit einiger Zeit werden in der App bei den Wagenreihungen auch
die Wagengattungen mit angezeigt. So konnte ich sehen, dass es bei unserem nächsten Zug, dem R 713 „Vltava“ nach České Budějovice, eine Abweichung gab. Statt eines klimatisierten Wagens war ein alter Bautzener B209 als Wagen 367 angegeben. Wir wechselten nach der Ankunft in Praha zum 7. Bahnsteig und
hier stand ČD 380 012 mit dem Zug bereit. Im B209 (CZ-ČD 51 54 29-41 096-6, Bautzen 1978) fanden wir auch noch ein freies Abteil. Bei diesem Wagen handelte
es sich um einen vor ein paar Jahren deklassierten ehemaligen 1. Klasse Wagen. So kam ich an diesem Morgen doch noch zu meinem Übersetzfenster.


ČD 380 012 oblag die Traktion des R 713 „Vltava“ nach České Budějovice.


Erstklassiger Komfort für die nächsten 92 Minuten.

Wir bekamen noch zwei Reisende in unser Abteil, hatten dieses aber ab Tábor wieder für uns allein. Mit 2 Minuten Verspätung erfolgte 10:48 Uhr die Abfahrt.


Wir verließen Praha. Der Himmel begann langsam aufzuziehen.

Das letzte Mal sind wir die Strecke 4 Jahre vorher gefahren. Mittlerweile hatte sich beim Ausbau wieder eine Menge getan und unsere Fahrt führte uns unter anderem zum ersten Mal bei Heřmančky und Střezimíř über den 2022 eröffneten Neubauabschnitt. Richtung Süden klarte der Himmel immer mehr auf.


Die Neubaustrecke bei Heřmančky.


Ankunft in Veselí nad Lužnicí.

Durch die neuen Streckenabschnitte verkürzte sich die Fahrzeit signifikant und 12:20 Uhr erreichten wir nach 92 Minuten pünktlich Veselí nad Lužnicí und
stiegen aus. 2017 hatten wir für diese Strecke noch 108 Minuten benötigt, 2020 sogar 115 Minuten. Hier schien auch endlich die Sonne vom blauen Himmel.

Nach einem kurzem Aufenthalt wollten wir mit dem R 635 „Rožmberk“ weiter bis ins 122 Kilometer entfernte Okříšky fahren. Auf Grund von Schienenersatz-
verkehren verkehrte der Zug nur zwischen České Budějovice und Náméšť nad Oslavou. Durch die wahrscheinlich verspätete Ankunft der Busse aus
Strakonice in České Budějovice hatte der Zug 10 Minuten Verspätung und kam 12:39 Uhr eingefahren.


ČD 380 012 mit dem R 713 „Vltava“ nach der Ankunft in Veselí nad Lužnicí. Der Zug fuhr weiter nach České Budějovice.


Einfahrt von ČD 242 387 mit dem R 635 „Rožmberk“ in Veselí nad Lužnicí.

Direkt hinter der Lok fanden wir im Wagen 372, einem AB349 (CZ-ČD 51 54 39-41 041-3, Bautzen 1984), ein freies Abteil, welches wir auch für die komplette Fahrt für uns hatten. 12:41 Uhr verließen wir Veselí nad Lužnicí wieder. Ich freute mich auf die Fahrt, kann man doch auf dieser Strecke bei durchschnittlich 50 km/h sich den Fahrtwind am offenen Fenster entspannt um die Nase wedeln lassen. Die eingleisige Strecke schlängelt sich wunderbar durch die schöne Landschaft.




Zugkreuzung mit ČD 242 207 und dem R 636 „Rožmberk“ in Jindřichův Hradec.

In Jihlava erfolgte der Fahrtrichtungs- und Lokwechsel. Ab hier übernahm ČD 754 018, eine der noch vorhandene Blitzbrillen den Zug.


ČD 754 018 “Dominička“ hatte in Jihlava an den Zug gesetzt.


ČD 242 238 blieb in Jihlava zurück.



Wir erreichten 15:01 Uhr Okříšky mit 9 Minuten Verspätung. Bei der Einfahrt in den Bahnhof schaute ich etwas verwundert aus dem Fenster. Ich war beim nächsten Zug von einer RegioNova ausgegangen, die ich weit und breit nicht sah. Dafür stand ein Stadler RS 1 am Bahnsteig. Dies war so in Ordnung, denn die RegioNova verkehrt nur Montag bis Freitag auf der Strecke. Am Wochenende kommt der Fachwerktriebwagen zum Einsatz. Ich hatte mich bei der Recherche verschaut.


ČD 841 008 als Os 24819 nach Znojmo in Okříšky. Dahinter der AB349, mit welchem wir gerade angekommen waren.

So gab es die nächsten 70 Kilometer leider kein Fenster zum Öffnen für mich. Mit 8 Minuten Verspätung erfolgte 15:10 Uhr die Abfahrt in Okříšky.

In Moravské Budějovice stand RC 810 611 als historischer Os 11770 nach Jemnice mit einem interessanten Anhängsel. Der ehemalige Personenwagen 1204 der Pressburger Bahn, welcher 1913 bei Ringhoffer in Smíchov gebaut wurde und sich seit 2017 mit zwei weiteren Wagen im Besitz der Railway Capital befindet.


RC 810 611 mit dem 55 54 28-29 204-3 als Os 11770 nach Jemnice in Moravské Budějovice.

Die Verspätung wurde herausgefahren und pünktlich 16:22 Uhr erreichten wir Znojmo in Südmähren. Von hier wollten wir parallel der Grenze zu Österreich nach Břeclav fahren. Die Strecke waren wir noch nie bereist und wollten dies noch mit der ČD erleben, bevor ab Dezember 2024 Arriva die Leistungen übernimmt.

Wir hätten nach kurzem Aufenthalt direkt mit einem Os nach Břeclav fahren können, wäre mir bei der Planung für die Rundfahrt da nicht ein anderes Zugpaar ins Auge gefallen. An Wochenenden verkehrt ein Zugpaar von Brno aus als „Expres Pálava-Podyjí“ am Morgen nach Šatov und am Abend wieder zurück. Dabei wird neben den auf der Strecke planmäßig verkehrenden Triebwagen+Beiwagen-Gespann zusätzlich ein Bautzener Halbgepäckwagen mitgeführt. Was gibt es besseres, als die Strecke im Bautzener zu bereisen? Der Zug ist über den Tag in Znojmo abgestellt und wartete bereits auf seine Überführung ins 11 Kilometer entfernte Šatov.


Angekommen in Znojmo. Links ČD 841 008 mit dem wir aus Okříšky gekommen waren. Rechts stand der Os 4525 nach Břeclav.


Auf einem Nebengleis war ČD 854 020 „Krakonoš“ mit der Garnitur des „Expres Pálava-Podyjí“ abgestellt.
Der Name des Triebwagens verriet sein ehemaliges Einsatzgebiet. Was sonst macht Rübezahl soweit im Süden?


Da der Zug leer nach Šatov überführt wurde, mussten wir anders dahin kommen. Wir nutzen dazu den Os/Rex 2257 der ÖBB nach Wien Florisdorf. Der Bahnhof Znojmo ist seit Ende 2009 von Österreich aus mit 15 kV an das elektrifizierte Schienennetz angeschlossen und wird zweistündlich von Wien angefahren. Der Zug, bestehend aus zwei CityShuttle Doppelstock- und drei Flachwagen kam 16:35 Uhr eingefahren und fuhr 17:00 Uhr, mit 3 Minuten Verspätung zurück nach Wien.


Noch 99,9 Kilometer bis Wien. ÖBB 1116 104 mit dem Os/Rex 2257 nach Wien Florisdorf in Znojmo.

Den Wagen hinter der Lok, einen Bmpz-l (A-ÖBB 50 81 21-73 427-3), hatten wir für die kurze Fahrt für uns allein. Direkt nach der Ausfahrt aus Znojmo wird das 220 m lange und 48 m hohe Znojemský Viadukt überfahren, von welchem man einen herrlichen Blick auf die Altstadt von Znojmo und die darunter fließende Thaya hat.


Blick vom Znojemský viadukt auf Znojmo und die Thaya.

Nach 9 Minuten erreichten wir bereits Šatov, den letzten Bahnhof vor der Grenze zu Österreich. Der Bahnhof lag gefühlt irgendwo im nirgendwo und ich fragte
mich ernsthaft, warum es von hier einen Express nach Brno gibt? Am Bahnsteig wartete aber bereits ein Reisender auf den Zug. Kurz nach unserer Ankunft brummelte es bereits am Horizont und 17:21 Uhr kam ČD 854 020 eingefahren. Der Triebwagen setzte anschließend für die Fahrt nach Brno hl.n. um den Zug.


Einfahrt von ČD 854 020 „Krakonoš“ in Šatov.


Anschließend setzte der Triebwagen um den Zug. Es kamen weitere Reisende hinzu.

Wir bezogen ein Abteil im Halbgepäckwagen der Gattung BDs449 (CZ-ČD 51 54 82-40 413-1, Bautzen 1981), welches wir für die komplette Fahrt für uns hatten.
Leider waren alle Fenster im Wagen totales Milchglas, aber egal, ich wollte eh meine Nase in den Wind halten. Die Auslastung des Zug bis Břeclav war sehr überschaubar. In Znojmo und den weiteren drei Bahnhöfen bis Břeclav wo er hielt, stieg bis auf eine Gruppe älterer Fahrradfahrer kaum jemand zu.


Blick in unser Abteil im BDs449 (CZ-ČD 51 54 82-40 413-1, Bautzen 1981). Sicht durch die Scheibe eher Fehlanzeige.

Pünktlich 17:40 Uhr erfolgte für den Sp 1786 „Expres Pálava-Podyjí“ die Abfahrt zurück nach Znojmo und weiter über Břeclav ins 139 Kilometer entfernte Brno.
Mit der Abfahrt in Šatov meinte mein Handy, mir den Zugang zu verweigern. Auch wenn ich mittlerweile Můj Vlak für die Fahrkartenkontrolle nutze, habe ich die Tickets immer ausgedruckt dabei. Man weiß ja nie, jetzt war es gut. Ich verbannte das Handy in den Rucksack und genoss lieber die Fahrt am offenen Fenster.


Ich genoss die Fahrt am offenen Fenster in den Sommerabend.


Zugkreuzung mit ČD 842 015 als Os 4522 (Břeclav - Znojmo) in Hrušovany n.J.-Šanov.

Mit 3 Minuten Verspätung erreichten wir 19:08 Uhr Břeclav. Hier hatten wir etwas Aufenthalt, bevor der Zug 19:15 Uhr seine Fahrt pünktlich fortsetzte.
In Břeclav stieg auch eine ordentlich Anzahl an Reisenden vor allem im Mittelwagen zu, das Abteil behielten wir aber für uns allein.


Ankunft in Břeclav. ČD 193 902 mit dem EC 281 „Metropolitan“ aus Praha nach Budapest wartete noch auf den verspäteten EC 107 „Porta Moravica“.


Dieser kam, gezogen von ČD 362 001, mit 22 Minuten Verspätung aus Prezmysl zur Weiterfahrt nach Graz eingefahren.

Während wir auf Brno zu fuhren, näherte sich die Sonne immer mehr dem Horizont und sorgte für eine schöne Lichtstimmung.




Blick auf den 550 m n. m. hohen Děvín.


Ankunft in Brno hl.n. zum Sonnenunterungang.

Pünktlich 19:59 Uhr erreichten wir unser Tagesziel Brno hl.n.. Insgesamt hatten wir an diesem Tag 738 Kilometer zurückgelegt. Auch wenn die Modernisierung
in den tschechischen Schienenfahrzeugpark unaufhörlich vorangeht, konnten wir wieder viele Kilometer im Bautzener Abteilwagen unterwegs sein.


Ankunft nach einem langen Tag in Brno hl.n..

In der Altstadt hatte ich in eine Pension für die kommende Nacht gebucht. Hier steppte auf Grund des 33. Internationalen Gitarren Festival der Bär, die Straßen waren rappelvoll. Wir brachten unser Gepäck auf das Zimmer und ließen den Abend in einer Kneipe in der Altstadt ausklingen. Am nächsten Tag wollen wir noch eine für uns bisher unbekannte Strecke in Südmähren bereisen, bevor wir anschließend den Heimweg antraten.

Weiter geht es im Teil 2.



     
© 2024, Stefan Fritzsch